26. März 2018

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Arealbebauungen erfolgreich planen

Arealbebauungen erfolgreich planen

Von dem ersten Strich bis zur Fertigstellung einer Arealbebauung können Jahre vergehen. Dabei sind, neben guter städtebaulicher Einpassung und Architektur, ein frühzeitiger Dialog mit allen Beteiligten und ein realistischer Terminplan die Schlüssel zum Erfolg.

Michael Wieczorek

Seit der Revision des Raumplanungsgesetzes ist das Thema der innerstädtischen Verdichtung bei Investoren besonders in den Fokus gerückt. Da das Bauland immer knapper wird, werden zunehmend auch in kleineren Gemeinden die Arealbebauungen forciert. Aber was macht eine Arealbebauung aus, und wie soll man gerade zu Beginn des Investitionsprozesses vorgehen?

Abb. 1. Quelle Michael Wieczorek

Arealbebauungen werden von Gemeinde zur Gemeinde anders definiert. Während bei den kleineren Gemeinden die minimal zu bebauende Fläche bei 2000 qm beginnt, sind in der Stadt Zürich schon 6000 qm Bauland notwendig. Als Investor, gerade bei kleinen Parzellen, die möglicherweise nicht die Anforderungen einer Arealbebauung erfüllen, macht es Sinn, die Nachbarn als Miteigentümer einzubeziehen und sie von der Idee der Arealbebauung zu überzeugen. Dann können am Ende beide von einer höheren Ausnützungsziffer profitieren und somit die Rendite der Liegenschaft steigern.

Doch die Anforderungen an eine Arealbebauung sind hoch und können schnell von Planern unterschätzt werden. Dabei ist nicht nur die Grösse der Parzelle entscheidend, sondern auch die Energieeffizienz der Gebäude, eine gute Anpassung in das Siedlungs- und Landschaftsbild und die Vorgaben zu Kleinwohnungsanteilen.

Ausnutzung Erhöhen

Der wahre Anreiz einer Arealbebauung besteht in der Möglichkeit der Erhöhung der Ausnützungsziffer sowie der Erhöhung der Gebäude um ein zusätzliches Geschoss. Je nach Gemeinde werden auch dort unterschiedliche Verfahren angewendet.

In der Gemeinde Baar zum Beispiel wird ein Ausnützungsbonussystem angewendet: Werden zusätzliche Auflagen zur Erhöhung der Wohnqualität erfüllt, kann in ausgewiesenen Bauzonen die Ausnützung um 0,1 erhöht werden. Diese Beurteilungspunkte beinhalten gute räumliche Qualitäten mit überzeugendem Landschaftsarchitekturkonzept, einen geeigneten Lärmschutz, überzeugende Retentionsmassnahmen, gute Fussgänger- und Radwegverbindungen, unterirdische Parkplätze, Kinderwagen- und Fahrrad-Abstellplätze in der Nähe der Eingänge und Anpassbarkeit an die Bedürfnisse für behinderte Menschen in 75% der Wohnungen bei Gebäuden ab sieben Wohnungen.

Die Vorabklärung ist das wichtigste Instrument zur Risikominimierung.

Werden diese Massnahmen bei der Planung berücksichtigt, kann die Erhöhung der Ausnützungsziffer genehmigt werden. Eine grobe Rechnung zeigt auf, dass sich bei einer Parzellengrösse von rund 4000 qm schnell eine zusätzliche Wohnfläche von circa 360 qm (abzüglich Erschliessung) ergibt, oder anders gerechnet, können je nach Grösse drei bis fünf zusätzliche Wohnungen gebaut werden.

So kann durch geringe Mehrinvestitionen und gute Planung schnell ein hoher Ertrag generiert werden. Arealbebauungen haben noch weitere Vorteile gegenüber der Einzelbauweise. Gebäudelängen können erhöht werden und mit geschickter Planung sind auch Flächen für Kleinbetriebe oder vermietbare Nebenräume möglich. Gerade kleine Unternehmen, wie zum Beispiel eine Arztpraxen-Beispiel einer erfolgreichen Arealüberbauung: «Landhauspark» in Baar.

Sicht der Nachbarn

Neben den Anforderungen der Behörden sind weitere Mitspieler am Tisch, wenn es um Planungen von grösseren Überbauungen geht. Zunächst sollten die Nachbarn mit ins Boot geholt werden. Sie sitzen am langen Hebel, können Einsprachen platzieren, die zu Verzögerungen von mehreren Jahren führen können. Je mehr Nachbarn während der Planung abgeholt werden, umso einfacher werden die nächsten Schritte. Zu oft erleben wir in der Gemeinde, dass die Nachbarn vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Da ist gute Kommunikation der sicherste Weg. Überraschungen mag keiner, gerade dann nicht, wenn man das Gefühl bekommt, die eigene Immobilie wird in der Zukunft durch die neue Bebauung minder bewertet. Für aussenstehende Planer kann ein Gespräch mit der Nachbarschaft sehr fruchtbar sein, beispielsweise in Bezug auf den Quartiercharakter, denn nicht jede Form von Gebäuden wird in etablierten Quartieren von den Anwohnern akzeptiert.

Sicht des Investors

Mit einer groben Markt- und Quartieranalyse kann der Investor wesentlich fokussierter an die Aufgabe herangehen. Da sich die Nutzerbedürfnisse ändern, gilt es einen gesunden Wohnungsmix zu wählen. Die Tendenz geht zu kleineren Wohnungen, die dem Mieter oder Käufer einen hohen Flexibilisierungsgrad ermöglichen. Die Alterung und die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft mit mehr Singlehaushalten führen dazu, dass diese Wohntypologie in der Zukunft mehr nachgefragt wird. Dabei gilt es abzuwägen, wo gebaut werden soll. Schon jetzt zeigt sich mit rund 65 000 leerstehenden Wohneinheiten (Stand 12.09.2017), dass Wohnungen in der Peripherie schwerer zu vermieten bzw. zu verkaufen sind. Die guten Lagen, mit Potenzial für Arealbebauungen, sind inzwischen teuer und reduzieren die Rendite erheblich. Grund genug, um die maximal Ausnützungsziffer anzustreben. Wenn möglich sollten dafür Parzellenallianzen mit der Nachbarschaft gegründet werden. Zum Teil könnten alte Gebäude abgerissen werden, und derWunsch nach Ersatzbauten mit einer gemeinschaftlichen Einstellhalle kann die Lösung zu einer höheren Ausnützungsziffer sein. Dabei bietet ein gut ausgearbeiteter Dienstbarkeitsvertrag der Baugemeinschaft die nötige Sicherheit.

Sicht des Architekten

Je nach Verfahren, ob Direktauftrag oder Wettbewerb, muss die Herangehensweise seitens des Architekten an eine Arealbebauung richtig vorbereitet werden. Vor allem müssen Abklärungen zu Bewilligungsverfahren der jeweiligen Gemeinde bzw. Stadt verstanden werden. Dabei sind der Terminablauf und die Planungsmeilensteine festzulegen. Je nach Gemeinde muss vor dem Einreichen des Baugesuchs eine Bauanfrage gestellt werden. Diese wird in den zuständigen Planungs- oder Stadtbildkomissionen diskutiert und deren Qualität sowie die Mängel besprochen und Nachbesserungen, wenn nötig, vorgeschlagen.

Als Grundsatz sollte dabei zuerst die richtige Erschliessung der Parzelle erörtert werden, dazu der Städtebau und die Architektur selbst. Nicht selten rücken diese Planungsgrundsätze durch den übergeordneten Entwurf des Architekten in den Hintergrund. Die selbst definierte architektonische Qualität des Gebäudes vernachlässigt dabei die Wünsche der Nachbarschaft oder der Gemeinde oder der Kantone. Die Vorabklärung ist dabei das wichtigste Instrument zu Risikominimierung. Denn der Architekt geht bei jeder Planung auch in Vorleistung, die im Planungsprozess entstandenen Fehler durch Mangel an Rücksprache mit der Gemeinde können schnell einen hohen Frankenbetrag an Honorarleistungen kosten.

Sicht der Behörden

Die Ablaufprozesse bis zur Bewilligung einer Arealbebauungbasieren bei den Behörden auf langen Erfahrungswerten, die für Aussenstehende oft nicht nachvollziehbar sind. Je nach Komplexität einer Arealbebauung können mehrere Monate vergehen bis der Entwurf reif für die Vorstellung bei der Planungs- oder Stadtbildkomission ist. Dabei sind im Voraus Gespräche mit Fachstellen vom Tiefbau, dem Amt für Umwelt oder gar dem Denkmalamt zu führen. Die Verzögerungen sind oft nicht seitens der Behörden geschuldet, sondern durch Mangel an Vorabklärungen oder Verfahrensfehler bei der Planung.

Innerhalb der Städte und Gemeinden gibt es Planungen, zum Beispiel Quartierpläne oder Strassenerweiterungen, die zum Teil vor Jahrzehnten beschlossen wurden. Diese Planungen werden oft bei der Entwicklung von Arealbebauungen von Architekten und Planern nicht berücksichtigt. Aber auch andere Faktoren, wie die Wünsche und Ziele zum Wachstum und Ausrichtung der Gemeinde werden oft nicht abgeholt. Dieses Unwissen verhindert die weiteren Schritte zu Erlangung der Bewilligung. Diese Verzögerungen können jedoch leicht umgangen werden, wenn man die Abläufe der Behörden kennt, denn diese bieten Beratungen anund wollen von Beginn an bei der Planung und am Prozess beteiligt werden.

Mit Kommunikation ans Ziel

Wie soll man also alle Beteiligten am Prozess der Planung einer Arealbebauung abholen, und wie vermeidet man Fehler? Zuerst – so einfach es klingen mag – sollten alle, Architekten und idealerweise auch Investoren, die Bauordnung lesen oder deren Inhalte kennen. Als weiteren Schritt empfiehlt sich, nach Begehung der Parzelle die Behörden zu kontaktieren und alle Informationen zu der Parzelle und Nachbarschaft abzuholen. Während des Planungsprozesses ist es sinnvoll, mit Plänen und Modellen ab einem Masstab von 1:500 bei der Behörde den Entwurf vorzustellen und die ersten Unklarheiten zu bereinigen. Weitere

Sitzungen mit gemeindlichen Beratern, die beigezogenen werden, können die Ausrichtung der Planung verfestigen. Darüber hinaus eröffnet die Meinung eines Externen neue Sichtwinkel und kann den Entwurf positiv beeinflussen. Sind die Planungen abgeschlossen, können sie bei der Behörde offiziell vorgestellt werden. Entstehen bei der Vorstellung noch kleine Anpassungen, können diese rasch angegangen werden. An dieser Stelle sollten auch die Nachbarn involviert sein, denn der Austausch kann weitere wichtige Planungsargumente liefern. Schlussendlich kann das Baugesuch eingereicht werden. Diese Planungsschritte sollten von Anfang an terminlich festgehalten werden. Natürlich bleibt das Risiko der Einsprachen durch direkt betroffene Nachbarn erhalten, doch diese haben wenig Aussicht auf Erfolg, wenn alle Vorabklärungen getroffen wurden.

Der Autor ist Architekt und Bauberater der Gemeinde Baar. Dieser Artikel entstand im Rahmen des MAS Immobilienmanagement der Hochschule Luzern und wurde in der immobilia vom 10. Oktober 2017 veröffentlicht.

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