8. Januar 2018

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Erfolgreiche kooperative Zusammenarbeit

Erfolgreiche kooperative Zusammenarbeit

Die Digitalisierung verändert die Bau- und Planungswirtschaft zunehmend. Doch etwas sollte uns klar sein: Der Schlüssel zum Erfolg wird nicht die maximierte Digitalisierung sein, sondern die Einbindung des Menschen in einer kooperativen Zusammenarbeit.

Ivo Lenherr, Claus Nesensohn

Durch die Anschaffung von „SOFTware“ wird eine bessere Zusammenarbeit in der Cloud oder Arbeiten am BIM-Modell ermöglicht. Doch ausschlaggebend sind die „SOFTskills“ eines Teams. Die Sozialkompetenz der beteiligten Personen kann durch digitale Mittel mit Methoden- und Fachkompetenz angereichert werden. Den traditionellen Weg herkömmlicher Arbeitsweisen – bei dem das Team erst zu einem späten Zeitpunkt komplett ist – verlassen wir damit: Heute werden Fachplaner, Bauleute und Vermarkter schon sehr früh miteinbezogen. Gemeinsam plant man die Strategie des Projekts oder des Business- modells, deren (verschwendungsarme) Prozesse, die Integration der Mitarbeitenden sowie deren Zusammenarbeit und entscheidet sich für eine geeignete, zum Projekt passende Technologie. Eine erfolgreiche kooperative Zusammenarbeit – bei der die Mitarbeitenden und das Team im Mittelpunkt stehen – basiert auf verschiedenen Faktoren, die sich gegenseitig bedingen. Dafür gelten einige Grundvoraussetzungen:

  • Kollaborative Zusammenarbeit entsteht im Team. Sie muss geschult und von allen Beteiligten unterstützt werden.
  • Die Werte der verschiedenen Stakeholder werden betrachtet und verstanden.
  • Die Persönlichkeitsausprägungen des Teams ergänzen sich und schaffen Mehrwert für alle.
  • Die im Team vorhandenen Interessen und Begabungen ergänzen sich.
  • Alle Mitglieder setzen sich für die Interessen und Ziele des Teams ein. Klar definierte, verständliche Ziele sind die besten Voraussetzungen für fruchtbares Planen und Handeln.
  • Herausforderungen werden gemeinsam angegangen und gelöst.
  • Ziele werden gemeinsam vereinbart und schriftlich festgehalten.
  • Kontinuierliche Verbesserung und stetiger Wandel prägen die Teamarbeit.
  • Das gemeinsame Verständnis ist die kulturelle Basis.

In einem ausgewogenen Team gilt es, verschiedene Rollen zu besetzen. Von zentraler Bedeutung ist dabei, dass diese entsprechend den Begabungen (Persönlichkeitsprofilen) der Teammitglieder verteilt werden. Zu den möglichen Rollen gehören unter anderem ein Prozessführer, ein Kommunikator, ein Erneuerer, ein Controller, ein Moderator und ein Supervisor (in Anlehnung an AIA National & AIA California Council, 2007, S. 14). Eine derartige Einteilung lässt sich mit den Rollen innerhalb einer Sportmannschaft vergleichen, die sich gegenseitig bedingen und ergänzen. Erst die Begabungen der Individualspieler geben dem Team die Klasse, das Besondere und das Überraschende.

Respekt und Vertrauen

Erfahrungsgemäss öffnen sich die Teammitglieder gegenüber einer Kooperation erst dann vollständig, wenn sich Respekt und Vertrauen eingestellt haben. Vertrauen sich die Teammitglieder nicht, dann vertrauen sie auch nicht den untereinander weiter geleiteten Informationen und schränken dadurch die Kooperation innerhalb der Gruppe ein. Respekt und Vertrauen müssen deshalb konsequent entwickelt und gepflegt werden – schliesslich sind sie entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Damit alle Projektbeteiligten voneinander profitieren können, bedarf es einer Struktur, die den Aufbau einer „what’s best for project“-Kultur ermöglicht. Unterstützung bieten dabei innovative Business-Modelle, die die Kollaboration und die Effizienz im Team stärken. Deren Leitidee: „Der Erfolg der beteiligten Stakeholder steht im Vordergrund, nur so wird jeder einzelne auch erfolgreich. Belohnt wird das Team, jeder ist ein Teil davon.“

Innovative Ergebnisse erzielt man auch vor allem dann, wenn Ideen innerhalb des Teams ohne Einfluss von Machtbefugnissen ausgetauscht werden können. Suhr (1999) entwickelte dazu die Methode „Choosing by Advantages“ (CBA), die sich auf die Vorteile von verschiedenen Lösungsalternativen stützt. CBA ermöglicht es, die Qualität von Entscheidungen sowie deren Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu verbessern. Gerade die beiden letzten Punkte sind ausgesprochen wichtig für eine offene Kollaboration und innovatives Arbeiten.

Frühzeitige Einbindung von Schlüsselbeteiligten

Kooperative Zusammenarbeit bedeutet in jedem Fall, die wichtigsten Stakeholder frühzeitig in das Projekt einzubinden. Die Entscheidungsfindung wird durch den Zufluss von Wissen und den Fähigkeiten aller wichtigen Teilnehmer verbessert. Das kombinierte Wissen ist in den frühen Phasen des Projekts am wirkungsvollsten und auch fundierte Entscheidungen erzielen dann die grösste Wirkung.

Dieser Ansatz bedingt von allen Beteiligten eine neue Art der Evaluation: Weg von der „Claim Management Kultur“, hin zum gemeinsamen kooperativen Entwickeln, Planen und Belohnen. Eine Kooperation zu bilden, setzt aber auch voraus, dass alle am Projekt Beteiligten (Bauherr, Planer, Berater, Ausführende, Subunternehmer und Lieferanten) den Mehrwert der kooperativen Zusammenarbeit und das gemeinsame Ziel kennen. Das frühzeitige und unmissverständliche Definieren von Zielen ist daher ausschlaggebend, um im besten Sinne des Projekts arbeiten zu können (vgl. AIA National & AIA California Council, 2007, S. 22).

Darüber hinaus sorgt eine intensive kurzzyklische Planung, die in Kollaboration und mit den Prozesseignern auf der niedrigsten Ebene stattfindet, für reduzierte Prozessschwankungen und verstetigt die Prozesse. Idealerweise erarbeitet man demnach einen gemeinschaftlichen Produktionsplan zur Planung und Ausführung und aktualisiert diesen auf Basis von Kennzahlen wöchentlich. So kann auf die Belange des Projektes eingegangen und kontinuierlich dazu gelernt werden.

Kommunikation und Technologie

Grossen Wert sollte auch auf eine offene Kommunikation gelegt werden – sie ist ein weiteres Schlüssel-Attribut der erfolgreichen Kooperation (vgl. AIA National & AIA California Council, 2007, S. 6). Im Team wird die Kommunikation vor allem dann verbessert, wenn Informationen leicht fliessen. Visuelles Management und Haftnotizen helfen dabei, Informationen sichtbar zu machen. Stellt sich ein optimierter Informationsfluss ein, sinkt dadurch der Bedarf an formalen Besprechungen (vgl. AIA National & AIA California Council, 2007, S. 10). Für den Erfolg ist es zudem von grosser Bedeutung, dass die Menschen sehen, wie sich ihr Tun ins „grosse Ganze“ (Big Picture) fügt. Letztlich bedeutet eine offene Kommunikation, dass sich die Teammitglieder weniger auf numerische Informationen als auf visuelle Indikationen verlassen, da diese offener und transparenter sind.

Perfekt abrunden lässt sich eine Planungsarbeit schliesslich durch eine Technologie, die passend zur Strategie des Projekts, deren Prozessen und den beteiligten Personen ausgewählt wird. Sie dient dazu, die Funktionalität zu maximieren und die Fähigkeit der Zusammenarbeit der verschiedenen Systeme, Technologien und Organisationen kompatibel zu halten. Ein offener Datenaustausch mit geordneten und transparenten Datenstrukturen bildet die Grundlage einer kooperativen Kommuni kation zwischen Menschen und Technologien6. Der Erfolg der Technologie hängt nicht nur von den Faktoren Preis, Zuverlässigkeit und Lebensdauer ab, sondern auch von ihrer Handhabbarkeit und Bedienungsfreundlichkeit. Idealerweise erklärt sich eine Benutzerschnittstelle intuitiv von selbst, bedarf also keiner Schulung und wird von allen Personen sofort akzeptiert. Ein gelungenes Zusammenspiel von analogen Methoden wie beispielsweise der Planung mit Post-it Prozesswänden einerseits und Softwareprogrammen andererseits, garantiert letztlich den Erfolg. Grund genug also, um der Evaluation von Soft- und Hardware grösste Beachtung zu schenken.

Organisation und Leadership

Da das Projektteam stets eine Organisation auf Zeit ist, verfügt es über einen klaren Anfang und ein Ende. Alle Teammitglieder sind verpflichtet, die Ziele und Werte eines Projekts und dessen Team zu unterstützen. Die einzelnen Beteiligten sind in einem Organigramm verankert, besitzen Rollen und spezielle Fähigkeiten – ihre kooperative Zusammenarbeit und ihre Kommunikation sind die Bindeglieder des Erfolgs. „Leadership“ bedeutet also in diesem Zusammenhang, etwas Gemeinsames zu erschaffen, Vertrauen anzuregen, Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, langfristig zu denken, herauszufordern, die Zukunft im Blick zu haben, Persönlichkeit zu haben, zu bewegen und zu entwickeln. Dies bedeutet zugleich, dass erfolgreiche kooperative Zusammenarbeit nicht einfach verordnet werden kann. Sie ist Teil der Firmen- und Projektkultur und muss von den Führungskräften vorgelebt werden. Es ist eine humanistische Einstellung, die – sobald sie einmal impliziert ist – viele Vorteile mit sich bringt. Um so weit zu kommen, ist ein grundlegender „Change Prozess“ erforderlich. Diesen stellt Kotter (vgl. Kotter & Rathgeber, 2006) mit seinem „Pinguin-Prinzip“ in acht Schritten einfach dar:

  • Bewusstsein für die Veränderung / den Wandel schaffen.
  • Ein vertrauensvolles Führungsteam etablieren
  • Kontinuierlich informieren
  • Strategien festlegen
  • Eigenverantwortung stärken
  • An Ergebnissen orientieren ƒ Widerstände beseitigen
  • Eine neue Firmenkultur etablieren

Ein Prozess, der sich sicherlich lohnt – auch wenn er Anstrengung bedeutet. Schon Laozi hat es im 6. Jahrhundert vor Christus vortrefflich formuliert: „Auch der längste Marsch beginnt mit einem ersten Schritt“.

Dieser Artikel entstand im Rahmen des Digitalisierungsbarometers. Die Studie ermittelt anhand einer breit angelegten, repräsentativen Erhebung bei den wichtigsten Akteuren der Immobilienbranche in der Schweiz, wie die Auswirkungen der Digitalisierung wahrgenommen werden und welche Auswirkungen für die kommenden Jahre erwartet werden.

Die gesamte Studie können Sie hier beziehen:

Digitalisierungsbarometer 2016 – Kundenverhalten und Geschäftsmodelle

Digitalisierungsbarometer 2017 – Digitales Planen und Bauen

 

Weiterführende Literatur:

  • AIA National & AIA California Council. (2007). Integrated Project Delivery: A Guide. Version 1. Online (09.04.2016): http://info.aia.org/siteobjects/files/ipd_guide_2007.pdf
  • Kotter, J. & Rathgeber, H. (2006). Das Pinguin-Prinzip. Wie Veränderung zum Erfolg führt. München: Droemer
  • Suhr, J. (1999). The choosing by advantages decisionmaking system. London: Quorum Books.

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