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Risikomanagement

Erfolgsfaktor Mensch im Enterprise Risk Management – Teil 6: Spielerfehlschluss

Erfolgsfaktor Mensch im Enterprise Risk Management – Teil 6: Spielerfehlschluss


von Prof. Dr. Stefan Hunziker, Professor für Enterprise Risk Management und Internal Control, und Marcel Fallegger, Senior Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ

Fokussiert sich Ihr Unternehmen auf die richtigen Risiken? Und schätzen Ihre Entscheidungsträger diese so ein, wie sie in Wirklichkeit sind? Diese Fragen gehören zum modernen Enterprise Risk Management (ERM). Dessen Aktivitäten sind nämlich anfällig für kognitive und gruppenspezifische Verzerrungseffekte. Welche dieser Verzerrungen Risk Manager verstehen müssen und wie sich diese in der Praxis effektiv reduzieren lassen, diskutiert eine zehnteilige Blogserie.

Entscheidungsträger stützen sich bei Risikoabwägungen oft auf eine Kombination aus Daten, Wissen und Erfahrung. Ob bewusst oder nicht, verlässt sich unser Gehirn dabei auf unbewusste psychologische Vorurteile. Letztere beeinflussen die Risikobeurteilung und haben damit wesentliche Auswirkungen auf die Erstellung und Abschätzung von Risikoszenarien. Verzerrte Szenarien können dazu führen, dass suboptimale oder gar fatale Entscheidungen unter Unsicherheit getroffen werden.

In der heutigen VUCA-Welt stellen solche Verzerrungseffekte, wenn sie nicht aktiv gesteuert werden, selbst ein Risiko für Unternehmen dar. Im Rahmen dieser Blogserie stellen wir 10 für das ERM zentrale kognitive und gruppenspezifische Verzerrungen dar. Im sechsten Teil geht es um den Spielerfehlschluss.

Was wird unter dem Spielerfehlschluss verstanden?

Der sogenannte Spielerfehlschluss ergibt sich aus dem Glauben an das Gesetz der kleinen Zahlen. Dieses entspricht der Vorstellung, dass irrelevante Informationen aus der Vergangenheit wichtig sind, um zukünftige Ereignisse vorherzusagen. Wenn ein zufälliges Ereignis mehrfach aufgetreten ist, neigen wir dazu, dass dieses in Zukunft seltener auftreten wird. Oder umgekehrt, wenn ein zufälliges Ereignis längere Zeit nicht aufgetreten ist, dass es wahrscheinlicher wird. Im Durchschnitt sind die Ergebnisse dann ausgeglichen. Dabei ist uns oft nicht präsent, dass kleine Stichproben nicht repräsentativ für das Gesamte sind. Dieser Fehler muss insbesondere bei der Risikoanalyse und der Quantifizierung von Risikoszenarien berücksichtigt werden.

Als Beispiel für den Spielerfehlschluss in Risikobeurteilungen kann die Studie von Ganderton et al. (2000) herangezogen werden. Sie untersuchte den Zusammenhang von aufgetretenen Naturkatastrophen und der Wahrscheinlichkeit, dass Versicherungen abgeschlossen werden. Die Autoren fanden heraus, dass die Wahrscheinlichkeit des Versicherungskaufs sinkt, kurz nachdem grössere unversicherte Verluste eingetreten sind. Sie begründen dies damit, dass die Menschen glauben, dass das Ereignis mit geringer Wahrscheinlichkeit jetzt noch unwahrscheinlicher wird, weil es kürzlich eingetreten ist.

Heutzutage wird eine grosse Anzahl von Risikoentscheidungen von der Datenanalyse beeinflusst. McCann (2014) stellte hierzu fest, dass mit zunehmender Abhängigkeit von Datenauswertungen die Fehler der Entscheidungsträger immer deutlicher werden. Die Gründe dafür liegen gemäss der Untersuchung darin, dass Menschen in der Tendenz bestimmte Muster beobachten und identifizieren, auch wenn diese nur zufällig zustande gekommen sind.

Wie lässt sich dem Spielerfehlschluss entgegenwirken?

Um den Spielerfehlschluss zu verringern, sollte den Mitarbeitenden statistisches Basiswissen vermittelt werden. Manager, die wichtige Entscheidungen treffen, müssen die statistischen Grundlagen kennen und verstehen. Durch die Erklärung der Wahrscheinlichkeitslogik und der Unabhängigkeit von Ereignissen («Der Zufall hat kein Gedächtnis») können in der Folge bessere Entscheidungen getroffen werden. Zudem können Risk Manager typische Fehlerbeispiele identifizieren und den Führungskräften und Mitarbeitenden präsentieren.

Wo finde ich weitere Informationen zum Spielerfehlschluss?

  • Ganderton, P. T., Brookshire, D. S., McKee, M., Steward, S., & Thurston, H. (2000). Buying insurance for disaster-type risks: experimental evidence. Journal of Risk and Uncertainty, 20 (3), 271–289.
  • Kahneman, D. (2012). Schnelles Denken, langsames Denken (3rd Ed.). München: Siedler Verlag.
  • McCann, D. (2014). 10 cognitive biases that can trip up finance. CFO.com. http://ww2.cfo.com/forecasting/2014/05/10-cognitive-biases-can-trip-finance
  • Sun, Y., & Wang, H. (2010). Gambler’s fallacy, hot hand belief, and the time of patterns. Judgment and Decision Making, 5 (2), 124–132.

Eine umfassende Auseinandersetzung mit den wichtigsten Verzerrungseffekten im Risk Management wird zudem im Lehrbuch Enterprise Risk Management – Balancing Risk and Reward von Prof. Dr. Stefan Hunziker im Herbst 2019 bei Springer Gabler erscheinen.

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