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Controller als Wegbegleiter des digitalen Wandels – Interview mit Markus Zorn

Controller als Wegbegleiter des digitalen Wandels – Interview mit Markus Zorn

von Prof. Dr. Imke Keimer und Prof. Dr. Ulrich Egle, Dozenten und Projektleiter, und Marcel Fallegger, Senior Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ

Am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ wird im Rahmen des KTI-Projekts „Digitaler Wandel im Controlling“ der „State of the Art“ eines modernen digitalen Controllings erforscht. Neben den Praxiserfahrungen von namhaften Wirtschaftspartnern fliesst auch das Beratungs-Know-how von Deloitte in die Konzeptionsphase ein. Im folgenden Interview mit Markus Zorn, Director Finance Transformation, sollen erste Überlegungen aufgezeigt und erörtert werden.

Herr Zorn, welche allgemeinen Implikationen hat die Digitalisierung für die Controlling-Abteilungen?

Die Digitalisierung hat das Potenzial alles zu revolutionieren – von der Art wie Produkte oder Dienstleistungen entwickelt und hergestellt werden, bis hin zu wie und wo sie verkauft werden. Digitale Geschäftsmodelle und -prozesse werden unter anderem eine Flut von Daten generieren, die sich kaum mit den traditionellen Mitteln erfassen, analysieren oder bewerten lassen. Digitalisierte Mitbewerber werden den Markt aufmischen und bestehende Marktmechanismen werden ausgehebelt. Das Controlling kann sich also kein Status quo leisten. Controlling-Abteilungen müssen sich der Frage stellen, welchen Wertbeitrag sie in der Rolle des Business Partners in einer digitalen Zukunft leisten und wie sie sinnvoll die neuen digitalen Möglichkeiten nutzen sollen.

Welche Relevanz hat eine Digitalstrategie für das Controlling?

Ich sehe die Controller im Unternehmen als Wegbegleiter des Wandels. Sie sind also gefordert, sich das digitale Wissen anzueignen, um den Wandel sowohl im Business wie auch im Controlling zu meistern. Das Controlling muss sich also proaktiv mit der Digitalisierung auseinandersetzten und die Digitalstrategie im Unternehmen mitgestalten. Die internen Experten sollen des Weiteren  die digitalisierten Mittel so einsetzen, dass sie relevante und vorausschauende Informationen für die Steuerung des Unternehmens zur Verfügung stellen können. Abgeleitet davon, wird das Controlling eine eigene Digitalstrategie entwickeln müssen.

Welche Controlling-Prozesse sind in erster Linie von der Digitalisierung betroffen?

Wenn Nachholbedarf besteht, wird eine Automatisierung der datenbasierten Prozesse im Vordergrund stehen. Die Digitalisierung stellt das Unternehmen in immer kürzeren Abständen vor neue Herausforderungen, die eine agile und flexible Unternehmenssteuerung fordern. Die Planungs- und Vorhersageprozesse spielen aus meiner Sicht eine entscheidende Rolle. Das Controlling muss also in erster Linie adäquate Prozesse entwickeln, die das Business bei der Planung, bei der Bildung von Szenarien und im Entscheidungsprozess unterstützen.

Generell bietet die Digitalisierung im Controlling in zwei Bereichen immense Chancen: Zum einen stehen neue Mittel für eine effizientere Produktion von Informationen zur Verfügung – Beispiele hierfür sind Robotics oder Cloud Solutions. Zum anderen bieten Themen wie Cognitive Systeme, Visualisation und Big Data Möglichkeiten, mehr Informationen aus bestehenden Daten zu erhalten.

Wie werden sich die Anforderungen an das Controlling-Rollenprofil verändern?

Ich höre immer wieder aus dem Business, dass das Controlling zu viel Zeit mit Datenaufbereitung verbringt und dadurch zu wenig Zeit für Analysen hat. Die Datenaufbereitung und die Berichterstellung lassen sich heute schon automatisieren und in zentrale, spezialisierte Organisationen verlagern. Diese Organisation kann sich zunehmend mit den technischen Möglichkeiten der Digitalisierung beschäftigen und über statistische und stochastische Verfahren oder kognitive Systeme einen Mehrwert für das Business schaffen.

Ich sehe den Controller in Zukunft in der Rolle des strategischen Navigators und Business Partners. Das Controlling muss sich weiterentwickeln um den stets ändernden Anforderungen des Business gerecht zu werden. Für den Controller als Business Partner bedeutet dies vor allem ein verstärktes Verständnis für das Business bzw. die Industrie.

Markus Zorn Deloitte
Markus Zorn, Director Finance Transformation Strategy & Operations, Deloitte Consulting AG

Wird es zukünftig noch den „klassischen“ Controller geben oder braucht es zukünftig nur noch „Data Scientists“ in den Unternehmen?

Weder noch. Im Idealfall wird das Controlling Spezialisten oder Zulieferer haben, die Daten, Informationen, Systeme und Prozesse orchestrieren können. Der Controller kann sich dann als Business Partner auf die strategischen und operativen Herausforderungen des Unternehmens konzentrieren und sich inhaltlich um die kontinuierliche Weiterentwicklung der Systeme, Prozesse und Organisation kümmern. Am Ende ist aber der richtige Mitarbeitermix entscheidend.

Führt die zunehmende Digitalisierung zu einer stärkeren Zentralisierung oder Dezentralisierung der Controlling-Abteilung?

Ich glaube beides gleichzeitig. Eine Spezialisierung wird tendenziell zu einer Zentralisierung von Funktionen führen. Dagegen wird der Controller als Business Partner näher beim Business sein wollen, um die ständigen Veränderungen im globalen Umfeld zu verstehen, was für eine Dezentralisierung der Controlling-Abteilung spricht.

Wo sehen Sie die Herausforderung für das Controlling bei der digitalen Transformation der Geschäftsmodelle?

Die grösste Herausforderung für Business und Controlling ist das Fehlen zukunftsgerichteter Geschäftsmodelle für die digitale Zukunft. Das Controlling muss bei der Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen eine Vorreiterrolle einnehmen und das Business dabei unterstützen. Nur so werden sie selbst die Kenntnisse aufbauen, die für innovative Controlling-Prozesse erforderlich sind und, die dem Business einen Mehrwert liefern.

Welche ersten Schritte sollten Controlling-Verantwortliche unternehmen, um den digitalen Wandel im Controlling voranzutreiben?

Der digitale Wandel im Controlling erfordert ein neues Denken sowie die Bereitschaft, sich von herkömmlichen Prozessen zu lösen und möglichst früh die neuen Technologien einzusetzen. Ich sehe einen ersten Schritt darin, dass das Controlling die „digitale Initiative“ (zusammen mit dem Business) ergreift, um vorerst in einer virtuellen Organisation neuen Ideen nachzugehen. Es braucht ein interdisziplinäres Team aus Talenten mit Startup-Mentalität, die kontinuierlich experimentieren und aus neuen Trends und Fehlern lernen können. Dieser Wandel muss vom Management getragen werden und braucht Führungskräfte, die „Change“ managen wollen und können.

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