9. September 2015

CARF Luzern,

Rechnungslegung,

Veranstaltungen

Rückblick CARF Luzern 2015 – Neues aus der Accounting-Forschung

Rückblick CARF Luzern 2015 – Neues aus der Accounting-Forschung

photoBalmer Patrick

 

 

 

Von Prof. Dr. Marco Passardi, Leiter Track Accounting der CARF Luzern 2015 und Patrick Balmer, Konferenzorganisator der CARF Luzern 2015

Die wissenschaftliche und themenübergreifende Konferenz CARF Luzern 2015 fand am 27. und 28. August 2015 in Luzern statt und wurde vom Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern – Wirtschaft veranstaltet. In einer Blogserie zur CARF rücken wir die in den jeweiligen Tracks Controlling, Accounting, Risiko, Finanzen und Lehre vorgestellten Beiträge und Diskussionen in den Mittelpunkt. Letzen Montag richtete sich der Fokus auf den Controlling Track. Heute präsentiert Prof. Dr. Marco Passardi die Erkenntnisse aus seinem Accounting Track.

In den Sessions zum Accounting wurden sieben Beiträge präsentiert. Die Studien und Beiträge überzeugten die Reviewer sowohl inhaltlich wie auch methodisch. Den Anfang machte ein Beitrag zur integrierten Berichterstattung finanzieller und nicht finanzieller Indikatoren, Leistungs- und Werttreiber. Ausgehend vom IIRC-Framework illustrierte der Autor, wie ein Kapitalienmodell, das darauf abzielt, die (gemeinsamen) Wertreiber und Auswirkungen auf das ökonomische, ökologische und soziale Kapital zu identifizieren und zu analysieren, inskünftig eingesetzt werden kann. Beispielhaft wurde aufgezeigt, wie die klassische Kostenrechnung so erweitert werden kann, dass ineffizient eingesetzte Ressourcen identifiziert und bewertet werden können.

In einem Beitrag zur Quo vadis der Rechnungslegung in Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigten die Autoren auf, dass in den letzten Jahren in den Ländern D-A-CH umfassende Reformen der gesetzlichen Bestimmungen zur Rechnungslegung stattfanden. In Österreich und Deutschland waren die einschlägigen Gesetzesänderungen vor allem von der Notwendigkeit der Umsetzung von EU-Vorschriften geleitet. In der Schweiz wurden materiell veraltete Inhalte in eine zeitgemässe Form überführt. Die Autoren haben gezeigt, dass es langfristig fraglich ist, ob die dargelegten Reformen dauerhafte Alternativen zu internationalen Rechnungslegungsregeln bilden, oder ob sie einen blossen Zwischenschritt zu einer weiteren Harmonisierung in Richtung einer geforderten „Fair Presentation“ darstellen.

Klassischerweise geht die wissenschaftliche Literatur davon aus, dass eine erhöhte Offenlegung, wie dies IFRS verlangt, Informationsassymetrien reduziert und damit Liquidität und Kapitalkosten positiv beeinflusst. Im Paper „Have International Financial Reporting Standards (IFRS) become too complex for small and mid-cap companies?“, vorgetragen von Prof. Dr. Peter Fiechter, Universität Neuenburg, wird aufgrund der zahlreichen Wechsel von Schweizer Firmen (von Swiss GAAP zu IFRS) aufgezeigt, dass die wissenschaftliche Literatur in Bezug auf solche Wechsel nicht bestätigt werden kann, d.h. im Umkehrschluss, dass die IFRS eher zu komplex für mittelgrosse kotierte Unternehmen sein können und keinen Vorteil für die Anwender schaffen. Treiber der Wechsel war in sehr vielen Fällen die Verrechnungsmöglichkeit für derivativen Goodwill.

Ein weiterer Beitrag lieferte einen Ansatz zur bilanziellen Abbildung selbst erstellter Patente. Ungeachtet der in vielen Branchen hohen Bedeutung immaterieller Vermögenswerte werden diese bilanziell für den Fall einer Eigenherstellung in den Jahresabschlüssen von Unternehmen entweder nicht abgebildet oder die Aktivierung(smöglichkeit) beinhaltet erhebliche Spielräume, welche die Aussagekraft der Abschlussdaten schmälern. Bei gekauften Vermögenswerten erfolgt zumeist eine Bilanzierung. Die Autorinnen entwickeln in ihrem Beitrag einen Vorschlag, der im Anwendungsbereich selbst erstellter Patente zu einer verbesserten Darstellung im Jahresabschluss führen soll. Im Kern schlagen die Autorinnen vor, den Herstellungsprozess in eine Forschungsphase, eine technische und rechtliche Entwicklungsphase zu unterteilen, wobei die Aktivierung in Abhängigkeit der Größe des bilanzierenden Unternehmens differenziert erfolgt.

Im Paper „What are the drivers of sustainability reporting? A systematic review“ beschreiben die Autoren die Einsatzmöglichkeiten der Nachhaltigkeitsberichterstattung (NBE) als Kommunikationsmittel. Die Nachhaltigkeit wird dabei dargestellt als interdisziplinäres Konzept, dessen Ursprung in der Forstwirtschaft zu sehen ist. Die NBE ist heute als „Quasi-Verpflichtung“ zu qualifizieren, die allerdings für verschiedene Teilbereiche verbindlichen Charakter hat (z.B. DRS 20). Das Paper analysierte u.a. über 300 empirische Studien zur NBE und ermöglichte mittels tabellarischer Auswertung eine Basis für übergreifende Ergebnisse.

In der dreiteiligen Nutzenstudie der Wirtschaftsprüfung wird aufgezeigt, welche Informationsdefizite verschiedene Stakeholder einer Unternehmung haben können und wie die Wirtschaftsprüfung dazu beiträgt, solche zu reduzieren. Die Studie schliesst mit einer Beschreibung der Wirtschaftsprüfung aus ökonomischer Sicht. Der Nutzen der Wirtschaftsprüfung wird zur Durchführung der Studie gleichgesetzt mit dem Abbau der Informationsdefizite. Die Autoren entwickelten das Fazit, wonach über alle berücksichtigten Unternehmenskategorien und Anspruchsgruppen aggregiert, weniger als die Hälfte des möglichen Informationsbestandes (hergeleitet auf Basis der nicht durch die externe Revision durchgeführten Prüfungen) abgedeckt wird. Mit steigender Unternehmensgrösse nimmt das Defizit tendenziell zu. Bei den Publikumsgesellschaften vermag die Wirtschaftsprüfung sehr viele Informationsdefizite abzubauen; bei Klein- und Mittelunternehmen hingegen ist der Nutzen in der Wahrnehmung der befragten Stakeholder eher gering.

Der letzte im Track Accounting vorgestellte Beitrag analysiert, welchen Einfluss Grössenkriterien (z.B. Bilanzsumme, Umsatz etc.) auf das Verhalten der Unternehmen ausüben, wenn es darum geht, die gesetzliche Prüfpflicht des Abschlusses zu umgehen. Typische und bekannte Phänomene aus der Rechnungslegung bei börsenkotierten Unternehmen sind dabei der Ausweis einer „schwarzen Null“, eines Gewinns zur Ausschüttung von Dividenden etc. Zur Beantwortung der Fragestellung wurde sowohl die reale als auch die buchmässige Bilanzpolitik untersucht. Es wurde festgestellt, dass effektiv ein Anreiz zur realen Bilanzpolitik besteht, um die Prüfungspflicht zu vermeiden; für die buchmässige Bilanzpolitik konnte dies nicht bestätigt werden; begründet wurde dies mitunter durch die für Deutschland bedeutsame steuerliche Aussenprüfung.

Über die ganzen eineinhalb Tage gesehen führten die präsentierten Beiträge im Track Accounting immer wieder zu angeregten und spannenden Diskussionen. Dabei wurde das Accounting in seiner ganzen Vielfalt beleuchtet. Es wird spannend mit zu verfolgen, in welche Bereiche sich die Beiträge im Track Accounting in den kommenden Jahren weiterentwickeln werden.

Save the Date – CARF Luzern 2016:

15. und 16. September 2016

Kommentare

0 Kommentare

Kommentar verfassen

Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.