15. Januar 2013

Rechnungslegung

Gibt es für die IFRS-Konzerne plötzlich Nachwuchs?

Die IFRS werden herausgegeben vom „International Accounting Standards Board“ (IASB), einer privaten Stiftung mit Sitz in London (seit 1973). Die Board-Mitglieder stammen aus Europa, USA, Australien, Brasilien, China, Indien, Japan und Südamerika. Die Standards sind ausgerichtet auf Bedürfnisse von Investoren. Es gibt laufende Änderungen und Ergänzungen, die Standards sind für KMU weniger relevant, weshalb seit 9.7.2009 eine spezielle KMU-Fassung „IFRS for SME“ (SME = Small and Medium Entities) existiert. IFRS sind ein Buch mit über 3’000 Seiten Standards, Interpretationen, Erläuterungen und Beispielen, davon knapp 500 nur über Finanzinstrumente. Die IFRS-Stiftung erzielte 2011 einen totalen Umsatz von rund 26 Mio. £., davon rund 80% durch Zuwendungen, v.a. seitens EU sowie grosser Wirtschaftsprüfergesellschaften.

Nachwuchs? 
Mit der Veröffentlichung von IFRS 10 wird zukünftig die Beurteilung eines Vorliegens des Mutter-Tochter-Verhältnisses (Parent-Company / Subsidiary) neu spezifiziert werden müssen.  Eine der hauptsächlichsten Veränderungen dürfte die sein, dass inskünftig auch die faktische Beherrschungsmöglichkeit aufgrund der Präsenzmehrheit an der Generalversammlung in Betracht gezogen werden muss; dies kann dazu führen, dass für früher nur «at equity» erfasste Gesellschaften (Investment in associates) neu eine Konsolidierungspflicht (mit Ausweis von Non-Controlling-Interests/Anteile Dritter, sog. Minderheiten) erfolgen muss.

 

Während der 2005 veröffentlichte IAS 27 den Bilanzierenden faktisch ein Wahlrecht eröffnete,  Präsenzmehrheiten überhaupt in die Betrachtung einzubeziehen, ist IFRS 10 hier deutlich strenger. Wenn für die Entscheidungsmacht über die Aktivitäten eines Beteiligungsunternehmens die Verteilung der Stimmrechte massgeblich ist, so kann diese auch dann gegegeben sein, wenn ein Investor an der Generalversammlung über weniger wie 50% der Stimmrechte verfügt.

Das IASB spricht hier von der «practical ability», d.h. der praktischen Möglichkeit, Entscheidungsmacht auszuüben. In der Praxis dürften dazu mitunter folgende Faktoren massgeblich sein:

– Der Umfang der Stimmrechte des Investors im Verhältnis zum Umfang der Stimmrechte anderer;
– die Existenz potentieller Stimmrechte (z.B. aus Call-Optionen);
– Rechte aus gewissen vertraglichen Vereinbarungen;
– andere Umstände

Die neue Vorschrift kann dazu führen, dass der Konsolidierungskreis erweitert wird; allerdings zeigen die über mehr als 100 (!) Seiten laufenden Beispiele im Anhang zum Standard auf, dass der Entscheidungsspielraum der Anwender nicht kleiner geworden ist und die Vergleichbarkeit verschiedener IFRS-Anwender nicht unbedingt besser werden muss.

Weitere Informationen zum Thema sind auf der IFRS Webseite zu finden.

Kommentare

0 Kommentare

Kommentar verfassen

Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.