1. Juli 2019

Cybercrime,

Financial Crime

Smart Contract, die digitale Revolution

Smart Contract, die digitale Revolution

Von Mónika Molnár

Smart Contracts sind «smarter» als je. Die analogen Werte werden digitalisiert. Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung bezeichnet Daten als Rohstoffe; Rohstoffe aus dem 21. Jahrhundert. Daten sind als wertvolle Rohstoffe anzusehen. Aber sind die Daten wirklich so wertvoll?

Dieser Beitrag zeigt ausgewählte Problemfelder im Bereich der Smart Contracts anhand der Praxis der Mehrwertsteuer auf.

Um ein Signal für die Innovation zu setzen, verwalten zahlreiche Unternehmen ihren Zahlungsverkehr via digitale Cryptovaluta. Darüber hinaus sollen dadurch die eigenen Wettbewerbs-Chancen erhöht werden. Um die Wettbewerbs-Chancen zu erhöhen, müssen kostspielige Faktoren wie Personal und Zeit überdacht werden. Die digitale Revolution soll eine innovative Lösung für eine sichere und kostengünstige Transaktionsabwicklung bieten.

Was ist eigentlich ein Smart Contract? Wozu dient er?

Smart Contracts sind Computerprotokolle, die Verträge abbilden oder überprüfen oder die Verhandlung oder Abwicklung eines Vertrages technisch unterstützen. Es ist eine Bündelung von Protokoll oder Plattformvertrag, Applikationsvertrag und Grundvertrag. Eine schriftliche Fixierung des Vertrages (auf Papier oder in einer Datei) wird damit unter Umständen überflüssig.

Smart Contracts haben üblicherweise auch eine Benutzerschnittstelle und bilden die Logik vertraglicher Regelungen technisch ab. Durch Smart Contracts soll eine höhere Vertragssicherheit gegenüber dem traditionellen Vertragsrecht bei gleichzeitiger Reduktion der Transaktionskosten erreicht werden.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung Hauptabteilung Mehrwertsteuer hat ihre beabsichtigte Praxis für das Verständnis der Smart Contracts und für die mögliche Qualifikation, der durch den Smart Contract ausgelösten Transaktionen publiziert.

Darin werden Smart Contracts als Vereinbarungen auf Software-Basis bezeichnet, bei denen unterschiedliche Vertragsbedingungen hinterlegt, automatisch überwacht sowie definierte Aktionen bei Vorliegen eines Trigger-Events selbständig ausgeführt werden können. Sofern die allgemeinen obligationsrechtlichen Bedingungen erfüllt sind, können Smart Contracts selbst auch rechtliche Verträge darstellen. Andernfalls dienen sie lediglich der automatisierten Ausführung von Verträgen. Es wird davon ausgegangen, dass die durch Smart Contracts über die Blockchain automatisiert erbrachten Dienstleistungen in der Regel als elektronische Dienstleitungen gelten (infolge der fehlenden allgemeinen obligationsrechtlichen Bedingungen).

Was sind die Problemfelder bei Smart Contracts? – Unterschiedliche Auslegung je nach Rechtsnatur: Zivilrecht versus öffentliches Recht (Kollision)

Damit ein Vertrag zustande kommt, müssen die Parteien handlungs- und rechtsfähig sein. Ferner bedarf es der übereinstimmenden, gegenseitigen Willenserklärungen der Vertragsparteien.

Aus der Sicht des Steuerrechts (Mehrwertsteuergesetz) müssen folgende Elemente geklärt werden:

  • Was wird übertragen (Leistung, Steuerobjekt),
  • Wer überträgt (Leistungserbringer, Steuerpflicht),
  • auf wen wird übertragen (Leistungsempfänger, Steuerpflicht), und
  • Wo findet die Leistung statt (Ort der Leistung, Ort der Besteuerung).

Gemäss der beabsichtigten Praxis der Mehrwertsteuer ist wie folgt vorzugehen:

Schritt 1

Zuerst muss geklärt werden, ob die allgemeinen obligationsrechtlichen Bedingungen erfüllt sind, damit Smart Contracts selbst rechtliche Verträge darstellen können (zivilrechtliche Bedingungen gehen vor).

Schritt 2

Sofern die rechtliche Vertragsbeziehung bejaht werden kann, ist zu prüfen, ob eine Leistung im Sinne des Mehrwertsteuergesetzes definiert werden kann. Der Begriff der Leistung wird als die Einräumung eines verbrauchsfähigen wirtschaftlichen Wertes an eine Drittperson in Erwartung eines Entgelts definiert. Dies gilt auch dann, wenn sie von Gesetzes wegen oder aufgrund behördlicher Anordnung erfolgt. Damit die Besteuerung im Sinne der Mehrwertsteuer zur Anwendung kommt, muss die Leistung bejaht werden.

Kein Automatismus für die Qualifizierung als Leistung in Sinne des Mehrwertsteuergesetzes

Das blosse Zurverfügungstellen eines technischen Marktplatzes ohne Einbezug in die Übertragung der Kryptocoins/-Tokens und Zahlungsflüsse begründet noch kein auftragsrechtliches Verhältnis. Das bedeutet, dass das Mehrwertsteuergesetz in einer solchen Konstellation nicht zur Anwendung kommt.

Ein auftragsrechtliches und steuerbares Verhältnis wird bejaht, wenn Kryptocoins/-Tokens nebst dem Zurverfügungstellen eines technischen Markplatzes zusammen miteinbezogen werden. D.h., dass der Plattformbetreiber (der den technischen Markplatz zur Verfügung stellt) gleichzeitig Kryptocoins/-Tokens an Kunden herausgeben muss. Die Mehrwertsteuerbarkeit der Leistung richtet sich nach dem Prinzip des Empfängers. Infolgedessen befindet sich der Ort der Leistung dort, wo der Leistungsempfänger (Kunde) im Zeitpunkt des Auftrags seinen Sitz hat. Ist der Leistungsempfänger in der Schweiz domiziliert, müssten die Rechnungen bestimmtes Leistungserbringers mit 7,7% Mehrwertsteuer ausgestellt werden.

Was passiert mit der Rechnungsstellung in Kryptowährung?

Die Rechnung hat das Entgelt für die separat ausgewiesenen Leistungen und den nach Steuersätzen aufgeteilten Mehrwertsteuerbetrag in einer gesetzlichen Währung auszuweisen. Ein Ausweis des Entgelts einzelner Leistungen lediglich in Kryptocoins/-Tokens stellt mehrwertsteuerrechtlich keine separate Fakturierung dar. Aus diesem Standpunkt ergeben sich folgende Problemfelder:

  • Umrechnung der Rechnungen, welche von ausländischem Leistungserbringer an Leistungsempfänger in der Schweiz in Kryptowährung ausgestellt werden;
  • Kryptowährung als reines Tauschmittel (Leistung gegen Kryptowährung) wird grundsätzlich in Frage gestellt;
  • Fakturen von inländischen Leistungserbringern: Leistungen gegen Kryptowährung (als Kryptoentgelt) werden nur akzeptiert, wenn die gesetzliche Währung auf der Rechnung ausgewiesen ist. Die Umrechnung von Kryptowährungen in die gesetzliche Währung sollte für die mehrwertsteuerkonforme Rechnungsstellung keine Rolle spielen;
  • fehlende Harmonisierung der Handhabung von Kryprowährungen durch unterschiedliche Bundesbehörden, Geldwäscherei, buchhalterische Handhabung und Mehrwertsteuer-Deklaration.

Was nun?

Es wird empfohlen, bestehende digitale (Auftrags)-Verhältnisse nach der Optik der Mehrwertsteuer zu analysieren. Zivil- und öffentliches Recht kollidieren mit ihren Verständnissen und Handhabungen. Grundsätzlich besteht für ausländische Leistungserbringer die Möglichkeit in Kryptowährungen zu fakturieren. Vor dem Hintergrund der Gleichbehandlung, sollte diese Möglichkeit auch für inländische Leistungserbringer geschaffen werden. Nach dem Prinzip der Selbstveranlagung tragen mehrwertsteuerpflichtige Personen hohe Risiken. Im Weiteren ist es empfehlenswert, Vorabklärungen für KYC (Know Your Customer), Geldwäscherei, buchhalterische Handhabung zu tätigen und Fragestellungen im Bereich Verwendungs- und Nutzungszweck von Smart Contracts bewusst an die Akteure der Plattformentwickler und Plattformbetreiber zu stellen. Orientieren Sie sich und seien Sie für Smart Contracts vorbereitet!

Autorin: Mónika Molnár

Mónika Molnár ist Partnerin bei MME Legal Tax Compliance, Gastdozentin an der Universität Zürich LL.M/CAS International Tax, Mitglied der Working Gruppe Tax bei Crypto Valley Assotiation Zug, Chairwoman für Audittrust und Autorin/Mit-Autorin von zahlreichen Fachbüchern und Publikationen Ihre Tätigkeitsbereich umfasst nationale und internationale Mehrwertsteuer- und Zollrechtsberatung insbesondere Begleitung in komplexen grenzüberschreitenden Transaktionen, Supply Chain, Compliance, Crypto- und Blockchain Transaktionen, EU MWST und Zollrevisionen. Unterstützung und Vertretung von Steuer- und zollpflichtigen vor den Steuer- und Zollbehörden, Revisionen, Rechtsmittelinstanzen und Strafverfahren.

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