3. Februar 2014

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Mein Erlebnis mit dem Kundenservice bei Amazon – und was sich Retail Banken abschauen können

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Weihnachtsgeschenke von meiner Schwester sind toll. In diesem Jahr gab es einen grossartigen Kindle Fire Reader von Amazon. Das Problem: Er funktionierte anfänglich nicht. Darum habe ich mich an den Kundenservice von Amazon gewandt. Dieser hat mich beeindruckt, inspiriert und mir auch aufgezeigt, wieviel Banken im Bereich Kundenservice noch lernen können.

Wie alles begann oder: Wenn das Gadget nicht funktioniert…
Erfreut von der Weihnachtsbescherung wollte ich kurz nach meiner Heimkehr von der Weihnachtsfeier mein neues (Kindle-) Gadget ausprobieren. Das Problem: Ich konnte mich nicht einloggen und daher die verschiedenen Funktionen nicht austesten. Welche Enttäuschung! Server-Überlastung wegen Weihnachten? Auch am nächsten Tag, dem 25. Dezember, versuchte ich mein Glück. Leider klappte es auch dieses Mal nicht. Als erste Reaktion schrieb ich einigen Kollegen, ob sie dieses Problem auch kennen und versuchte auf Google herauszufinden, ob jemand anderes möglicherweise ein ähnliches Problem hatte. Nicht auf die Idee gekommen bin ich, gut trainiert von den verschiedenen „Dienstleistungs“-Unternehmen, mich mit dem Unternehmen selber in Verbindung zu setzen. Meine Schwester schliesslich meinte, ich solle mich bei Amazon an den Kundenservice wenden, dieser sei toll. Gesagt, getan…

Die Öffnungszeiten und Kontaktmöglichkeiten
Zuerst einmal: Es war der 25. Dezember und trotzdem war problemlos jemand erreichbar. Wie viele Banken hatten an diesem Tag auch geöffnet? Auch sonst sind die Öffnungszeiten des Kundenservices mustergültig: „Unser Kindle Kundenservice ist täglich von 6:00 bis 24:00 Uhr für Sie da.“ Kein Problem also, wenn am späten Abend der Kindle Fire nicht funktioniert.

Für die Kontaktaufnahme existieren drei verschiedene Optionen: Telefon, Chat oder E-Mail. Je nach Problem schlägt Amazon/Kindle selber einen unterschiedlichen Kanal vor. Die Optionen „Telefon“ und „Chat“ sehen in etwa wie folgt aus:

printscreen chat
printscreen tel
Abbildungen: Printscreens Chat und Telefon

Ich wählte die Telefonvariante. Dabei kann man eingeben „jetzt anrufen“ oder „in 5 Minuten anrufen“. Ich wählte die „jetzt anrufen“-Variante…und habe 3 Sekunden später bereits ein Telefonat erhalten. Erstaunlich! Nach einer sehr freundlichen und kompetenten Beratung war mein Problem gelöst. Etwas später entdeckte ich in Bezug auf den Kundenservice eine weitere hervorragende Funktion von Amazon – den Amazon Mayday Button.

Amazon Mayday Button

Diese Funktion ist bereits in den Kindle Fire HDX integriert. Ist der Button einmal gedrückt, kann man als Nutzer sofort (nach 9 Sekunden) per Videochat mit einem kompetenten Mitarbeiter von Amazon sprechen und diesem die Berechtigung erteilen auf seinen Bildschirm zuzugreifen, um das Problem gemeinsam zu lösen. Rasche und freundliche Problemlösung fast rund um die Uhr –  da freut man sich als Kunde!

Schauen Sie sich unbedingt mal kurz (1min 30 sec) das Video zu diesem Mayday Button an:

https://www.youtube.com/watch?v=PFYHF1w8w3g

Eine Idee für Banken?

Bei Banken ist diese Art von Kundenservice noch nicht sonderlich ausgeprägt. Zwar bietet beispielsweise die UBS seit relativ kurzem einen ähnlichen Telefon-Service an (Call Me-Funktion). Aber bei noch immer (zu) vielen Banken wird man alleine gelassen, wenn man ausserhalb der normalen Öffnungszeiten oder an Wochenenden ein Problem zum Beispiel mit dem Online Banking hat. Hier steht dann zum Beispiel (bei einer grösseren Kantonalbank): „Wir sind zu folgenden Servicezeiten für Sie da: Montag bis Freitag von 08.00 bis 18.00 Uhr“.

Eine Integration eines solchen Buttons mit Videoberatung, das Angebot eines Web-Chats, ein Rückruf in so kurzer Zeit oder ähnliches im Online Banking oder auch bei Problemen am Geldautomaten, wäre aus meiner Sicht eine kluge Weiterentwicklung des Dienstleistungsangebots von Banken. Im Zuge der Digitalisierung und auch in Anbetracht des Wunsches vieler Banken, dass ihre Kunden vermehrt Transaktionen über elektronische Kanäle abwickeln, wäre ein solches Angebot entsprechend sinnvoll. Viele Banken sind derzeit in Bezug auf den Kundenservice und das Kundenerlebnis noch weit von Amazon entfernt. Möglicherweise haben Banken aber auch ein anderes Ziel als Amazon. Das offizielle Ziel von Amazon lautet nämlich: „Unser Ziel: das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt zu sein“.

Kommentare

4 Kommentare

Wittwer Andrea

7. Februar 2014

Eine spannende und in Sachen Dienstleistungsorientierung wunderbare Geschichte! PostFinance ist wohl noch nicht da wo Amazon, aber auf dem richtigen Weg! Wir bieten unseren Kundinnen und Kunden seit Jahren eine freie Kanalwahl und einen 7x24h Kundendienst. Egal von wo aus in der Welt man zu welcher Tageszeit anruft - wir sind für unsere Kunden da. Zahlungen mit dem Smartphone während der Zugfahrt von Luzern nach Zürich tätigen? Kein Problem mit den neuen E-Service-Dienstleistungen von PostFinance. Unseren Kundinnen und Kunden den einfachsten Umgang mit Geld zu bieten, ist ganz bestimmt ein hoch gestecktes Ziel. Für jeden Kunden bedeutet "einfach" nämlich etwas ganz anderes. Als Mitarbeitender einer Retailbank ist man - neben allen aktuellen regulatorischen Anforderungen - in der Interaktion mit dem Kunden neu gefordert. Eben auf dem Weg in eine digital geprägte Zukunft.

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Lukas Bodmer

3. Februar 2014

Interessantes Erlebnis und spannender Beitrag. Einen Punkt möchte ich noch ergänzen der mitschuldig ist, weshalb Banken heute nicht die gleichen Möglichkeiten bieten: Die Sicherheit der Kundendaten und deren Vermögen. Banken sind vor viel grössere Herausforderungen gestellt wenn es um Live-Chat-Funktionen oder Fremdzugriffe auf Devices der Kunden geht als dies z.B. bei Amazon der Fall ist. Wie authorisiere ich den Kunden? Welche Leitungen resp. welche technischen Zugriffe sind gegen ungewollte Eingriffe sicher? Über welche Kanäle soll ich überhaupt mit den Kunden in Kontakt treten, d.h. wie kann sich der Kunde sicher sein, dass er wirklich von einem Bankmitarbeiter kontaktiert wird?

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Nils Hafner

3. Februar 2014

Schönes Klischee, lieber Herr Bleiker. Fakt ist, dass amazon in einem Markt mitspielt, in dem es um ein halbes Prozent Marge geht. Da sind die Telekomunternehmen und die Banken (von oben kommend) noch lange nicht angelangt. Den Unternehmen vor allem im Finanzdienstleistungsumfeld geht es noch viel zu gut, um sich mal wirklich strukturiert überlegen zu MÜSSEN, wie man denn zu den geringsten Kosten den besten UND schnellsten Kundenservice leisten kann. Möglichkeiten hierzu bestehen zu hauf. Amazon macht es vor.

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Andreas Bleiker

3. Februar 2014

Supertolle Beschreibung. ABER: muss in unserer schnelllebigen Zeit, in der zunehmends über Stress geklagt wird, WIRKLICH jedes noch so kleine Problem durch einen 24-Stunden-Service behoben werden? Ich warte lieber, bis mein Kundenberater ausgeruht und motiviert am Bank-Arbeitsplatz ist, als mich auf einer Hotline irgendwo nach Irland, Portugal oder gar nach Indien verbinden zu lassen, wo ich weder verstanden (inhaltlich) noch ernst genommen werde. Beispiel gefällig? Rufen Sie mal ORANGE an....

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