25. Januar 2014

Archiv

Ist die Immobilien-Party bald zu Ende?

Die schweizer Immobilienpreise haben sich in den letzten 10 Jahren teilweise verdoppelt. Die Bautätigkeit ist auf einem Rekordniveau, der UBS-Blasenindikator befindet sich in der Risiko-Zone. Ähnliches ist auch in Österreich und Deutschland zu beobachten, ganz im Gegensatz zu Südeuropa, wo seit 2008 massive Preiseinbrüche zu verzeichnen sind.

party

Aktuelle Marktberichte  melden, dass sich das Preiswachstum abschwächt und in den Hot-Spots sogar rückläufige Preise zu beobachten sind. Ist dies nun der Anfang vom Ende des Immobilienbooms oder nur ein leichtes durchatmen?

Für den Boom werden in der Regel vier Gründe angeführt: die wirtschaftliche Stärke der Schweiz führt zu soliden Einkommen, die Zuwanderung und der zunehmende Flächenverbrauch pro Kopf treiben die Nachfrage und die tiefen Zinsen steigern dank günstigen Finanzierungskosten die Preise zusätzlich.

Weniger im Bewusstsein der Öffentlichkeit ist die exorbitante Ausweitung der Geldmenge durch die Notenbank im Zusammenhang mit den Wechselkurs-Stützungskäufen. Seit 2008 hat sich die Notenbankgeldmenge praktisch verzehnfacht, die Geldmenge M1 ungefähr verdoppelt. Theorie und langjährige Erfahrung besagen, dass eine Geldmengenausweitung zu Inflation führen sollte.

Eine Inflation (gemessen an den Konsumentenpreisen) ist in der Schweiz jedoch nicht beobachtbar. Aufgrund der Verfügbarkeit von günstigen Importgütern ist es auch nicht zu erwarten. Diese würden sonst in die Bresche springen.

Eine massive Aufblähung ist dagegen in der Schweiz und weltweit bei den Vermögenswerten zu beobachten: Gemälde und Oldtimer werden zu Rekordpreisen gehandelt, die Aktien- und Immobilienmärkte erreichen Höchststände.

Aufgrund des massiven Liquiditätsüberhanges wäre finanztheoretisch selbst bei den heutigen hohen Immobilienpreisen noch ein weiterer Preisanstieg zu erwarten. Dem steht die Realität vieler Mieter und potentieller Käufer gegenüber, für die die Grenze der Tragbarkeit erreicht ist. Eine Konfliktsituation, die nach einer Auflösung verlangt.

Die Auguren prognostizieren eine „weiche Landung“. Mit der aktuellen Erhöhung des antizyklischen Kapitalpuffers und den Selbstregulierungsmassnahmen der Banken wie etwa der Forderung von mindestens 10% „hartem“ Eigenkapital soll das erreicht werden. Die Erfolgsaussichten sind jedoch fraglich.

Eine Analyse der Immobilienpreisentwicklung  über die letzten 40 Jahre in 18 Ländern zeigt, dass „weiche Landungen“ selten vorkommen. (Die Credit Suisse sieht in einer anderen Studie zumindest eine Chance von gegen 50%) Immobilienpreise gehen normalerweise rauf oder runter, aber fast nie seitwärts. Das ist mit der Käufer- und Verkäuferpsychologie gut erklärbar. Erwarten die Käufer sinkende Preise, können sie in den meisten Fällen mit dem Kauf zuwarten, so dass sich leichte Abwärtsbewegungen verstärken. Zudem, bewegen sich die Immobilienpreise langfristig im Rahmen der Inflation. Zu grosse Abweichungen werden früher oder später korrigiert.

Als Auslöser für einen Richtungswechsel kommen monetäre Massnahmen wie eine Zinserhöhung oder eine Reduktion der Geldmenge in Frage. Beides ist zur Zeit nicht möglich, ohne den Wechselkurs und damit die Realwirtschaft in Gefahr zu bringen.

Ein Richtungswechsel kann auch durch externe Schocks ausgelöst werden, die bei den Käufern zu Verunsicherungen und Zurückhaltung führen. Die Griechenland-Krise hat tatsächlich zu einem mehrmonatigen spürbaren Käuferstreik geführt. Die Annahme der Zuwanderungsinitiative oder andere Massnahmen, welche das Vertrauen in die wirtschaftliche Stärke und die Rechtssicherheit des Standortes erschüttern, könnten ähnliches bewirken und länger andauern.

Als erstes wären die Preise von Neubauwohnungen betroffen, da deren Ersteller häufig unter einem gewissen Verkaufsdruck stehen. Anschliessend würde der Preisrutsch auf die Bestandesobjekte übergreifen.

Solange die realwirtschafltichen Probleme im EU-Raum nicht angegangen, sondern mit billigem Geld überdeckt werden bleibt der  globalen Aufwertungsdruck aufgrund der Liquiditätsschwemme bestehen. Die Schweiz kann sich dem nicht entziehen. Daran können die aktuellen Massnahmen wenig ändern. Nach den Top-Lagen werden Immobilienpreise in B- und C-Lagen verstärkt unter Aufwertungsdruck kommen.

Somit ist es gut möglich, dass die aktuelle Abschwächung tatsächlich nur temporär ist. Selbst eine lokal mögliche Preiskorrektur von 10-20% dürfte mittelfristig aufgefangen werden. Wenn der Euroraum zu vernünftiger Wirtschaftspolitik zurückfindet, sich aufrappeln kann, und sich die Geldpolitik normalisiert, wird das Ungleichgewicht jedoch korrigiert werden. Durch Inflation, Abwertungen oder eine Kombination von beidem. Je später das stattfindet, um so einschneidender wird es sein.

Dieser Beitrag erschien am 25.1.2014 als Kolumne in der Neuen Luzerner Zeitung.

Das könnte Sie ebenfalls interessieren:
Entdecken Sie die Welt des Immobilienmanagements und erfahren Sie alles Wissenswerte rund um den MAS Immobilienmanagement und andere Angebote zum Thema Immobilien. Gerne beantworten Ihnen Prof. Dr. Markus Schmidiger oder Prof. Dr. John Davidson vom IFZ Ihre Fragen.

Kommentare

3 Kommentare

Ist die Immobilien-Party bald zu Ende? | Immobi...

17. März 2014

[…] Die schweizer Immobilienpreise haben sich in den letzten 10 Jahren teilweise verdoppelt. Die Bautätigkeit ist auf einem Rekordniveau, der UBS-Blasenindikator befindet sich in der Risiko-Zone.  […]

Antworten

Erstbezug

20. Februar 2014

Das sich ein so starkes Neubau und Immobiliengefälle zwischen Nord- und Südeuropa bildet, ist natürlich schon ein Problem, aber auf Grund der wirtschaftlichen Stärke des Nordens kaum zu verhindern. Und ausserdem kann man den Anlegern ja nicht verübeln, dass sie ihr Geld in Neubauprojekte investieren. Aber früher oder später wird sich diese Entwicklung auch wieder normalisieren.

Antworten

Jack

5. Februar 2014

Editieren Früher oder später müssen die Preise fallen. Bevor in Spanien z.B. die Blase geplatzt ist, wurden für kleine 70-90 qm Appartments in Barcelona teilweise über 650.000 Euro bezahlt. Getrieben wurde der Preis, von der Käuferfantasie das Objekt weiterzugeben mit einem Aufschlag von ca. 20%. Das geht immer eine Weile gut, bis irgendwann auffällt, dass die Wohnungen einfach nicht genug Rendite abwerfen, um derartige Preise zu rechtfertigen. Wenn der Käufer fehlt, der wieder die Fantasie vom "Mehrerlös" hat, bricht das System zusammen.

Antworten

Kommentar verfassen

Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.