15. Oktober 2012

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Können nur Genossenschaften günstig bauen?

Können nur Genossenschaften günstig bauen?

In den Ballungszentren steigen die Wohnungspreise unaufhaltsam. Von allen Seiten wird die Schaffung von „bezahlbarem Wohnraum“ mit entsprechenden politischen Aktionen gefordert. Insbesondere die Stadt Zürich sieht in den Genossenschaften das alleinige Heilmittel gegen hohe Mietpreise und hat letztes Jahr an der Urne beschlossen, den Anteil des genossenschaftlichen Wohnungsbaus bis 2050 von einem Viertel auf einen Drittel vom Gesamtwohnungsbestand zu steigern. Dazu schreckt sie auch vor grosszügigen Subventionen nicht zurück. So wollte sie etwa vor kurzem an Top-Lage Bauland rund 80% unter dem Marktwert einer Genossenschaft zur Verfügung stellen, damit diese dort Wohnungen für die „Mittelschicht“ zu einem Mietpreis von CHF 2’800 pro Monat hätte erstellen können.

Sind es wirklich nur die teuren Landpreise oder allenfalls überzogene Renditeanforderungen der Investoren, die das Wohnen an vielen Orten der Schweiz so teuer machen? Eine vor kurzem vom Bundesamt für Wohnungswesen zusammen mit der Halter Generalunternehmung und der Investorin Pensimo erarbeiteten Studie zeigt, dass erschwingliche Wohnungen auch heute noch gebaut werden können.

Die Studie identifiziert insbesondere die Wohnfläche sowie Konstruktion und Ausbaustandard als wesentliche Kostentreiber. Damit Wohnungen in Städten kostengünstig gebaut werden können, muss die zentrale Lage durch Abstriche bei anderen Eigenschaften kompensiert werden.

Die Autoren haben zu einem kürzlich fertiggestellten marktkonformen Objekt in Zürich Altstetten ein preisgünstiges Alternativobjekt geplant und detailliert kalkuliert. Mit den getroffenen Massnahmen wird es möglich, in der Stadt Zürich eine 4.5-Zimmer-Wohnung für unter CHF 2’000 Miete (inkl. Nebenkosten) pro Monat und eine 3.5 Zimmer-Wohnung für unter CHF 1’600 pro Monat auf marktkonform erworbenem Land neu zu bauen ohne dass der Investor dabei öffentliche Gelder beanspruchen oder Renditeabstriche in Kauf nehmen muss.

Wie können diese Einsparungen erzielt werden?

Das kostengünstige Objekt zeichnet sich durch sehr kompakte Wohnungsgrundrisse aus. Die Einzelzimmer für den individuellen Rückzug werden in der Fläche stark reduziert, was durch einen grosszügigen Gang- und Flurbereich, welcher als Arbeits-, Spiel- und Staufläche genutzt werden kann kompensiert wird. Zudem können die Einzelzimmer kombiniert werden. Eine 4.5-Zimmer-Wohnung wird auf rund 85 qm untergebracht, eine 3.5-Zimmer-Wohnung auf rund 70 qm. Sie sind damit jeweils ca. 20% kleiner als die heutigen Standardwohnungen. Auch die Häuser werden dichter und kompakter als normal. Das wird mit grösseren halböffentlichen und gemeinschaftlichen Räumen auf den Etagen und auf dem Dach ausgeglichen und führt gleichzeitig zu grosszügigeren Aussenräumen. Die kompakte Fassade wirkt sich zudem sehr positiv auf den Energieverbrauch aus.

Solche preisgünstigen Wohnungen leisten nicht nur einen Beitrag zur Vielfalt auf dem Wohnungsmarkt und der Durchmischung von Quartieren sondern fördern auch die notwendige „Verdichtung“, indem auf der gleichen Grundstücksfläche rund 15-20% mehr Haushalte wohnen können. Ein wichtiger Aspekt sowohl im Hinblick auf die Zersiedelung der Landschaft als auch auf die gebotene Schonung der natürlichen Ressourcen.

Im heutigen Spannungsfeld zwischen Zersiedelung der Landschaft, energiesparendem Gebäudepark und bezahlbarem Wohnraum sind solche neuen Denkansätze gefragt.

Preisgünstiger Wohnraum ist auch für den normalen Investor attraktiv! Wie das Beispiel zeigt, kann er bei preisgünstigem Wohnungsbau die normalen Renditen realisieren. Zudem kann er sein Portfolio diversifizieren und andere Nutzerschichten ansprechen. Sollte der konjunkturelle Wind wieder drehen, werden die heute erstellten teuren Wohnungen die ersten sein, die mit Leerständen zu kämpfen haben. Eine entsprechende Portfolioabrundung dient somit als willkommene Risikodiversifikation. Insbesondere Pensionskassen, die über umfangreichere Altbestände verfügen, haben diese in den letzten Jahren häufig saniert und sich dabei – unter Vernichtung preisgünstigen Wohnraums – in die Preiskategorie von Neubauwohnungen hineinsaniert. Ihnen würde sich hier ein Konzept anbieten um ohne Renditeverlust einen grossen Teil dieses günstigen Wohnraums zu erhalten.

Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum besteht. Er kann ohne grosse staatliche Subventionen mit ausreichenden Renditen für den Investor erfüllt werden. Allerdings müssen Investoren, Planer und Nutzer dabei offen für neue Ideen sein.

(Dieser Artikel erschien am 14.10.2012 als Kolumne in der NLZ am Sonntag).

Weitere Informationen:

Kommentare

3 Kommentare

Günstig Bauen – wird dies der Trend? | Michelle's Blog

24. Oktober 2012

[...] späteren Zeitpunkt zu Wohnraum umgebaut werden.Hier gibt es weitere Angaben: Hausbau-Kataloge24.de.Auch die Bundesrepublik kann sich den Folgen der Finanzkrise langfristig nicht entziehen. Zwar ist d...ich-geld-sparen-zr-2507009.html">"Oberbayrisches Volksblatt" über Kosteneinsparungen nachgelesen [...]

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Bo Larsen

20. Oktober 2012

Diese Bauweise ist sicherlich nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland oder anderswo möglich. Interessanter Artikel! Grüße aus Regensburg, BY

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Können nur Genossenschaften günstig bauen? | Immobilienmanagement | Scoop.it

16. Oktober 2012

[...] In den Ballungszentren steigen die Wohnungspreise unaufhaltsam. Von allen Seiten wird die Schaffung von „bezahlbarem Wohnraum“ mit entsprechenden politischen Aktionen gefordert.  [...]

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