15. Januar 2012

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Wie viele umweltfreundliche Wohnungen können wir uns leisten?

Weitherum wird beklagt, dass zur energetischen Optimierung des Gebäudeparks Schweiz dringend mehr Sanierungsanstrengungen nötig seien. Die Eigentümer werden mit verschiedensten Anreizen zu energetischen Sanierungen motiviert. Trotzdem würde es beim heutigen Sanierungstempo über 50 Jahre dauern, bis sämtliche Gebäude vollständig saniert sind.

 Wieso machen die Eigentümer nicht mehr?

Die Mietbelastung hat für viele Haushalte eine Schmerzgrenze erreicht. Nicht nur in Zug und Zürich, auch anderswo sind die Mieten neuer Wohnungen in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Schere zwischen Neumieten und Altmieten hat sich immer mehr geöffnet. Langjährige Mieter, die durch das Mietgesetz geschützt sind, müssen bei einem Umzug massive Aufschläge von teilweise 50% und mehr verkraften.

Die Einkommensstatistik des Bundes (vgl. Grafik) zeigt, dass 36% der Steuerpflichtigen weniger als CHF 4’000 pro Monat und 55% weniger als CHF 5’000 pro Monat verdienen. Ein Haushalt kann 25% – 30% seines Einkommens für die Wohnkosten ausgeben. Das bedeutet, dass 36% der Wohnungen günstiger als 1’200 Franken pro Monat und 56% der Wohnungen günstiger als 1’500 (inkl. Nebenkosten!) sein sollten, damit die Mieter sie sich auch tatsächlich leisten können. Zum Vergleich: Eine 60 m2 grosse 2.5 Zimmerwohnung wird im Kanton Luzern 2010 für ca. CHF 1’450 pro Monat vermietet (inkl. Nebenkosten), während die Durchschnittsmiete bestehender Wohnungen bei ca. 1’050 liegt. Diese günstigen Wohnungen im Bestand würden bei einer Sanierung „vernichtet“.

Neubauwohnungen können heute kaum zu so günstigen Preisen produziert werden. Nicht nur die gesteigerten Bedürfnisse (die Wohnfläche pro Person hat sich z.B. seit 1960 fast verdoppelt) haben zu den höheren Mieten geführt. Durch die verschärften behördlichen Auflagen sind die Baukosten für eine durchschnittliche 4.5 Zimmerwohnung seit 1972 zusätzlich um rund 40-50’000 Franken gestiegen.

Offensichtlich verhalten sich die Eigentümer sehr rational, wenn Sie nicht einfach alles umsetzen, was von der Politik gefordert und auch gefördert wird. Ein grosser Teil der Haushalte ist auf ältere Wohnungen mit für sie bezahlbaren Mieten angewiesen. Die Eigentümer würden bei zu intensiven Sanierungen ganze Bevölkerungsschichten verdrängen.

Wo ist anzusetzen, damit das Ziel des nachhaltigen Gebäudebestandes erreicht werden kann?

Eigentümer bestehender Objekte sollen sich sehr genau überlegen, welche Teilsanierungen ein positives Kosten-/Nutzenverhältnis haben. Häufig kann mit einer Fassadensanierung, einem Fensterersatz oder einer besseren Dämmung des Daches eine wesentliche Energieeinsparung erreicht werden. Weil dadurch für die Mieter auch die Nebenkosten sinken, kann der Mietzins erhöht werden, ohne dass die Belastung für den Mieter wesentlich steigt. Das technisch mögliche Maximum ist häufig nicht sinnvoll.

Die öffentliche Hand ist gefordert, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen. Neue Gesetze und Normen müssen auf ihre Kostenwirkungen untersucht und auf das Wesentliche beschränkt werden. Mit der Gewährung eines Ausnützungsbonus für energetische Sanierungen von Altbauten könnten die Kostenfolgen abgefedert werden. Weiter ist dafür zu sorgen, dass das knappe Angebot da erhöht wird, wo es am meisten gebraucht wird: in den Städten. Das statistische Amt des Kantons Zürich hat gezeigt, dass durch innere Verdichtung drei mal mehr Wohnraum gewonnen werden kann als auf den unbebauten Baulandreserven. Das ist doppelt nachhaltig, weil wenig Zusatzverkehr entsteht und ein Grossteil der Infrastruktur bereits vorhanden ist. Die Erfahrung zeigt, dass der Markt spielt: bei Leerstandsquoten, die gegen Null tendieren, ist kaum ein Investor motiviert, preisgünstig zu bauen. Wenn die Leerstände durch eine Angebotsausdehnung steigen, werden wesentlich mehr Investoren die Knochenarbeit auf sich nehmen, die es braucht, um intelligente, kostengünstige Wohnungen zu erstellen und erhalten.

Unabhängig von all diesen Faktoren werden in den nächsten 20 Jahren aufgrund ihres Alters über 300’000 Mehrfamilienhäuser saniert werden müssen. Konzepte, wie das sowohl ökologisch als auch sozial verträglich geschehen kann, sind noch zu wenig ausgereift und müssen erarbeitet werden. Entsprechende Forschungsprojekte zwischen interessierten Firmen und der Hochschule Luzern laufen. Die Immobilien- und Baubranche bleibt gefordert.

Informationen zum Thema:

Die Welt des Immobilienmanagement an der Hochschule Luzern

Studie Avenir Suisse: Wanderung, Wohnen und Wohlstand

Mieterverband: Die Situation auf dem Wohnungsmarkt

BWO – Bundesamt für Wohnungswesen: div. Studien zum Thema

Gruppe Zuger Generalunternehmer: Kostenentwicklung im Wohnungsbau

 Studie BFE/BWO/ARE: Neubauen statt Sanieren

Forschungsprojekt: Das Klima als Entwurfsfaktor

Film und Arbeitsmaterialen: das ABC des nachhaltigen Bauens

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3 Kommentare

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28. April 2012

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8. Februar 2012

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