7. November 2011

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Wohlwollende Schuldenknechtschaft

Griechenland muss aus meinem gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Verständnis von Europa in der Eurozone verweilen. Das wird zwar ein exemplarischer Balanceakt, und eine Insolvenz soll auch nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Aber derzeit hilft kein Rettungsfonds für Banken,  und nicht einmal ein 100prozentiger Schuldenerlass würde den Griechen (und Portugiesen, Belgiern usw.) helfen. Ein Rauswurf wäre fatal. Das bildungsmässig rückständige Volk wäre noch in höherem Ausmass als heute anfällig, von unfähigen Politikern und einer korrupten Administration nach populistischer Manier ge- und verführt zu werden. Die überaus hohen Militärausgaben Griechenlands (4,3 % des Bruttoinlandprodukts) deuten auch auf innere Machtverhältnisse: Die Militärdiktatur ist überwunden, der Apparat ist aber noch da, obschon die EU das weltweit grösste und erfolgreichste Friedensprojekt der letzten 60 Jahre ist.

 

Europas Geschichte lehrt uns, dass die Decke der menschlichen Zivilisation hauchdünn ist. Deshalb tun wir gut daran, diejenigen, die krasse Fehlleistungen produziert haben, nicht einfach auszugrenzen, sondern in einer tiefgreifenden Strukturreform eng zu begleiten. Griechenland hat heute beispielsweise weder ein funktionsfähiges Grundbuchregister (d.h. ein Grossteil der Eigentumsverhältnisse ist ungeklärt) noch tüchtige Steuerbehörden. Der Polizei- und Justizapparat ist korrupt, und die Innovationskraft der gesamten Unternehmerlandschaft ist gemessen an den Patentanmeldungen nicht grösser als
jene der Stadt Luzern.

Am Beispiel der hellenischen Staatskrise muss die EU exemplarisch zeigen, wie ein Land als Konsequenz einer jahrzehntelangen Misere in einer Art wohlwollender Schuldknechtschaft von Grund auf neu aufgebaut werden kann. Weniger Armee, mehr für die Zukunft. Diese Bereitschaft zur konsequenten Reform liesse nach, wenn sie nicht über unmittelbare Durchgriffsrechte der europäischen Ebene  geregelt wäre. Jede Hilfeleistung gibt es nur noch, wenn die Verabredungen zur festgelegten Reform eingehalten werden.

Die Griechen haben lange geschummelt und gelogen, und bezahlen nun mit Verzögerung die Zeche dafür. In Europas Geschichte ist dies ein Sekundenschlag. Wichtig ist er, damit auch in Lissabon, Madrid, Rom und Paris die Zeichen der Zeit erhört werden. Und in Polen, Litauen, Lettland – alles Länder, die in die Eurozone kommen möchten, um sich nach jahrhundertelangen Instabilitäten einem Raum einer gemeinsamen friedensstiftenden Idee mit einem
verstärkten Stabilitäts- und Wachstumspakt anzuschliessen.

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