23. November 2010

Customer Focus / CRM,

IFZ in den Medien

Keine Chance?

Nils Hafner

 aus 20 Minuten online, 22. November 17.59 Uhr

Auf dem Papier sieht alles so einleuchtend aus. Deutschland: 80 Millionen Einwohner, 1 Sprache. Für Schweizer Banken, die wachsen wollen — und das wollen praktisch alle — der ideale Markt.

Doch ideal ist der deutsche Markt nur auf den ersten Blick: Onshore Banking – also das Bankgeschäft mit Filialen vor Ort – ist in Deutschland kein Zuckerschlecken. Deutschlandtöchter von Schweizer und Liechtensteiner Banken müssen dies am eigenen Leib erfahren, wie eine Auswertung von Jahresabschlüssen durch die BILANZ zeigt (siehe Tabelle). Nur sporadisch ist es einzelnen der sieben Finanzinstituten in den letzten zwei Jahren gelungen, Geld zu verdienen.

René Michael Weber, Leiter Beratung Financial Services der Beratungs-Boutique ICME International AG, wundert das kaum: «Der Wettbewerb zwischen Banken ist in Deutschland härter und die Margen kleiner als in der Schweiz.» So einfach wie in der Schweiz liesse sich in Deutschland mit Bankdienstleistungen kein Geld verdienen.

«Preisbewusster und mehr Vergleiche»

Er spricht von einer deutlich anderen Ausgangslage, auf die Schweizer Banken in Deutschland treffen. Gerade was die Kundenerwartungen angehe. «Deutsche Kunden sind preisbewusster und sie vergleichen Preise stärker als die Schweizer Kundschaft», weiss Weber. Aber trotzdem seien sie nicht bereit, an der Qualität der Bankdienstleistungen Abstriche hinzunehmen.

Schweizer Finanzinstitute hingegen seien bisher weniger preisorientiert gewesen, weil sie das auch nicht sein mussten. In Deutschland aber kriegt man beispielsweise bei vielen Banken sogar Startkapital geschenkt, wenn man ein Salär-Konto eröffnet. Auf einen solch rauen und kompetitiven Wettbewerb müssten sich Schweizer Banken zuerst einstellen, ist Weber überzeugt.

Und das dauere ein Weile. Weber ist sich aber sicher, dass den Schweizer Banken, die den Schritt nach Deutschland wagten, das von Anfang an klar war. «Kaum ein Finanzinstitut dürfte mit der Illusion nach Deutschland gegangen sein, in zwei Jahren dort Geld verdienen zu können», so der Unternehmensberater.

«Wieso ausgerechnet zur Schweizer Bank?»

Auch Nils Hafner, Studienleiter am Institut für Finanzdienstleistungen an der Hochschule Luzern, fordert, dass sich die Schweizer Banken in Deutschland endlich klar darüber werden, was eigentlich ihre Stärke sei.

Er zeigt exemplarisch auf, weshalb das wichtig sei: «In Hamburg hat ein Kunde die Auswahl zwischen 100 verschiedenen Banken. Weshalb soll er dann ausgerechnet zur Julius Bär und nicht zur Hamburger Sparkasse gehen?» Bis vor kurzem lautete der Wettbewerbsvorteil von Schweizer Banken noch: «Bei uns müsst Ihr keine Steuern zahlen.»

Aber nun, mit den Steuerdeals kurz vor dem Abschluss, fällt dieses Argument weg. Es gelte für sie also, neue Ideen zu entwickeln und sich klar zu positionieren.

Eine Möglichkeit sei zum Beispiel, sich ausschliesslich auf eine Kundengruppe auszurichten. «Beispielsweise auf Top-Manager mit einem Millioneneinkommen, die keine Zeit haben, sich um ihr Geld zu kümmern. Oder auf reiche Frauen, die sich mit einer Erbschaft zum ersten Mal selbst mit Fragen rund ums Geld herumschlagen müssen.»

Tun sie dies, könnten auch sie in Deutschland Geld verdienen. Denn: «Lücken gibts noch genug. Auch die Positionierung vieler deutscher Banken ist stinklangweilig», so Hafner.

Bilanz_BID

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