stART11: Transmedia und Wahnsinn

Leider kam ich zu spät um die Keynote von Marcus Brown live zu sehen, habe das aber online nachgeholt. So nebenbei: nach ein paar Minuten hat man sich auch an das Rauschen des Videos gewöhnt. Mein Herz schlug höher: Brown verkörpert alles was ich an meiner zweiten Heimat England so liebe: Understatement, Witz, Charme, Sprachverliebtheit und einen Hang zu gnadenloser Anarchie und Groteske. Brown hat über die letzten Jahre so wunderbare fiktive Charaktere wie „Jack the Twitter“ („He likes Prokofiev, liver and hunting down location based tweets“) entwickelt oder auch den Borat-esken Sacrum (= Anagramm für Marcus), Mitarbeiter eines deutschen Gärtnereifachmarkts, der sich zum Werbefachmann berufen sieht und sich auf unnachahmliche Weise bei grossen Agenturen in London bewirbt:

…I seek advices from key figures in marketing arena because my knowledge is not so hot on agencies in these continents. I seek out you Mr Seth Godin for assistances. I ask you for permission.
You know places to create cutting edge works of marketing? I write them! You have networks and contacts? I sharpen pencil and top-up mobile phone! You have idea? I listen quietly!
You be my sneezer maybe? Please!
I have flexibility. I am availability on Wednesdays and CV’s on request.
I am grateful for your resources and support that you can offer to me Mr Seth Godin.
My warmness,
Sacrum B. Rown.

http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=wAImO_piuuA

Brown betreibt Transmedia Storytelling oder „Streamtelling“ von seiner Küche in München aus wie er sagt und seiner Meinung nach braucht es dazu Folgendes: Zuerst einen Charaker mit einer Backstory. Zum Beispiel Jack the Twitter, einen Psychopathen, der geo-soziale Dienste benutzt, um Menschen digital aufzuspüren und sie zu „bestrafen“. Obwohl einige hundert Kilometer entfernt, sendet er grotesk-bedrohliche Tweets, die beim Empfänger den Eindruck hinterlassen, dass Jack the Twitter um die Ecke lauert:

Die Backstory muss dabei dem involvierten Publikum nicht wirklich bekannt sein, sie dient aber als Grundlage für die Charakterentwicklung. Als nächstes braucht es eine Haltung. In diesem Fall besteht diese aus der Ablehnung von geosozialen Diensten wie Foursquare, über die der Anwender seinen Aufenthaltsort der ganzen Welt mitteilt, eine Praxis die Brown als absurd empfindet. Diese Haltung dient dem Charakter sozusagen als Handlungsanweisung. Und dann braucht es noch Gegner und Verbündete und schon erzählt es sich fast von selbst. Wichtig ist auch, so Brown, dass der Charakter in der Welt handelt und nicht nur erzählt. Er reist, er hat einen Tagesablauf, er isst, schläft, etc… Und natürlich hat Marcus Brown auch Google+ schon für sich entdeckt: „gibt es das noch?“.


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