Camille und Philadelphia – Augmented Reality und Storytelling

Smartphones sind heute mit den neusten Augmented-Reality-Technologie (AR) ausgerüstet (z.B. layar). Eine naheligende Anwendung für dieser AR-Technologie liegt darin, die mobilen Bildschirmen der Mobiltelefone für virtuelle Überlagerung zu nutzen. Historische Fotos werden dabei beispielsweise über die gegenwärtige Ansicht eines Hauses, Strassenzuges oder ähnliches gelegt. Durch die Verortung anhand von Geodaten sowie unter Berücksichtigung der Perspektive aus welcher die Fotos gemacht worden waren, entstehen so faszinierende Konfrontationen von Alt und Neu. Es wird eine Art Zeitreise ermöglicht. “Walking Trough Time” ist der Name des Edinburgh-iApps, welches hier bereits vorgestellt wurde. Andere Beispiele sind: Power House Street View Mashup (von Paul Hagon beschrieben), London Museum AR-App (techvert.com -Blog),  – AR-App des NAI (Holländischen Architekten Verband) oder Top Trees at Kew Gardens sowie das phillyhistory.org App, welches wir auf der gestrigen Stadttour testen konnten. Gerade wenn man eine Stadt das erste Mal besucht, bieten diese überlagerten Ansichten der Stadt eine schöne Möglichkeit in die Geschichte der Stadt einzutauchen.
Wirklich spannend wird es aber, wenn man über weitere Möglichkeiten von AR-Anwendungen im Museumskontext nachdenkt. Eben diese Übung unternahm der Workshop an der Museums in the Web Conference. Die einzelnen Sammlungen der Museen welche am Workshop repräsentiert waren bildeten dabei die Ausgangslage für diese Arbeit. Faszinierend (einfach) präsentierte sich die Idee, die Fashion Sammlung der National Gallery in London in einem AR-App verfügbar zu machen. Besucher würden dadurch die Möglichkeit erhalten, historischen Kostüme virtuell (im Museum oder auch zu Hause) anzuprobieren. Mit einer Anbindung an soziale Onlinenetzwerke wie Facebook könnten Fotos der Kostümprobe zudem gleich an Freunde verschickt werden. Was für ein Spass.

Natürlich lässt sich hier gleich die Frage anfügen, welche Geschichte damit transportiert wird. Doch durch die spielerischen Herangehensweise lässt sich sicherlich ein Interesse wecken für die jeweilige historische Epoche. Das bedeutete auch, dass die erforderliche Aufmerksamkeit geweckt wird für die Aufnahme von historischen Hintergrundinformationen, welche auf dem App selbst oder aber auch auf der Webseite des Museums untergebracht werden können.

Reizvoll war dann die Aufgabe, anhand von Sammlungsstücken aus verschiedenen (europäischen) Museen – mit einem Bezug zu Philadelphia – eine Geschichte zu erzählen. Erstaunlich war vor allem, wie einfach es den Gruppen fiel, oft sehr unterschiedlichen Objekte in einen spannenden Bezug zu setzten. Es war offensichtlich, dass diese scheinbar willkürliche Konfrontation von zwei oder mehreren Objekten eine spannende Grundlage war, Geschichten zu Philadelphia und seinen Bewohnern zu erzählen. Entsprechend konkret fielen die Ideen für mögliche Protagonisten, Narrative oder Dialoge einer solchen AR-Applikation in dieser Übung aus.

Spannend war zum Beispiel die Idee, das Portait der Enkelin von William Penn – dem Gründer von Philadelphia – aus der Tate Gallery mit dem VanGogh-Portraits des Jungen Camille aus der Sammlung des Philadelphia Art Museums in Verbindung zu bringen. Getrennt durch ein Jahrhundert in Bezug auf die Entstehung der Werke, sind die beiden Gemälde verbunden über die Stadt Philadelphia sowie über das Thema ‚Reise‘. Während VanGoghs Werk aus Europa ins Museum of Modern Art in Philadelphia gebracht wurde, reiste Philadelphia (die Enkelin) im realen Leben für ihre Ausbildung nach Europa. Das machte die Sache spannend. Welchen Dialog die beiden wohl führen würden, wenn Sie sich begegnen würden?

Tate Gallery Online-Gallery: Philadelphia Hannah, 1789
Tate Gallery Online-Gallery: Philadelphia Hannah, 1789
Van Gogh Museum Online Gallery: Portrait of Camille Roulin, 1888
Van Gogh Museum Online Gallery: Portrait von Camille Roulin, 1888

Diese Idee schien eine reizvolle Grundlage für ein Augmented Reality Projekt. Als möglicher Ort eines solchen Gesprächs würden sich sowohl das Museum in Philadelphia als auch der Ort der Landung von William Penn am Ufer von Philadelphia anbieten. Schnell waren auch mögliche Inhalte gefunden: Je nach Fokus könnten so Aspekte des historischen und zeitgenössischen Reisens oder auch Aspekte der unterschiedlichen Kindheit thematisiert werden. Leicht waren bei solchen Themen ausserdem auch Anbindungen für entsprechende Vermittlungsprogramme definiert. Denn sowohl die thematische Auseinandersetzung, als auch ein Versuch selber (fotografische) Portaits zu produzieren, bieten spannende Möglichkeiten für Besucheraktivitäten. Social Media würde dabei eine Möglichkeit bieten einen solchen Dialog zu erweitern oder eigene Werke einfach auch an Freunde zu verschicken und mit anderen zu vergleichen.

Die simple Schlussfolgerung aus diesem Workshop: Wenn Inhalte mit AR-Technologie neu erzählt werden, dann kann’s richtig interessant werden.


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